Freitag, 18. Oktober 2013

Südmähren ist wirklich eine Reise wert!

Von Doris Volz

Der Schwarzwaldverein Höfen war im September 2013 mit seinen Mitgliedern und Gästen zu einer 6-tägigen Kulturreise nach Tschechien unterwegs. Die Busfahrt mit der Fa. Walz aus Schömberg ging über Leonberg, Heilbronn, Nürnberg, Prag, Brünn nach Straznice. Im gleichnamigen Hotel Straznice hatten wir unsere Zimmer für 5- Nächte gebucht. Beim Abendessen begrüßte uns der Hotelbesitzer Franz mit Mährischem Slivowitz (Pflaumenschnaps) und Kolatschen (Hochzeitskuchen).
Ausgeruht und ausgiebig gefrühstückt fuhren wir am nächsten Tag in den Mährischen Karst.
Heute sollte der absolute Höhepunkt unseres Aufenthalts in Südmähren sein und wurde uns von Tomas, unserem Reiseleiter, zur Einstimmung angeboten. Wir sind gespannt was uns erwartet. Das Kalksteinmittelgebirge erstreckt sich etwa 50 Kilometer nördlich von Brünn. Auf der Fahrt dorthin sind wir auf den Spuren der Napoleanischen Kriege. 1805 fand in Austerliz (Slavko) die 3-Kaiserschlacht statt, bei der die französiche Armee mit Napoleon an der Spitze die österreichischen und russischen Truppen besiegte. Im Barock-Schloss von Austerlitz wurde das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Der Mährische Karst gehört zu den beeindruckensten Karstlandschaften Mitteleuropas. Charakteristisch für dieses Gebiet sind die spektakulären Karstformationen wie Höhlen, Dolinen, Bachwinden die durch das Wirken von Wasser auf den Kalkstein entstanden sind.
Weltberühmt ist vor allem die tiefste Doline, die über 138 Meter Tiefe Macocha (Stiefmutterschlucht). Wir blicken in den tiefen Schlund der Macocha um die sich grausame Legenden ranken.
Aus dem Karsttal gelangten wir durch den künstlich angelegten Stollen in die offenen Räume des trockenen Abschnitts der Punkva-Höhlen. Danach ging es in den langen Raum des "Vorderen Dom".
Vorbei an dem 4 Meter langen Stalaktiten "Wächter". Über die bei der Grundrenovierung 1996 errichtete Brücke, von der aus sich der Blick auf die wunderschön verzierte Wand des vorderen Doms und den mächtigsten Tropfstein der Punkva-Höhlen, den Stalagnaten "Salm-Säule" eröffnete.
Im hinteren Bereich des Doms befindet sich der "Spiegelsee". Darin spiegeln sich interessante
Tropfsteingruppen u.a. die Formation "Umgedrehter Regenschirm", "zwei Eulen, "Felsburg" das zwei Meter hohe "Türkische Minarett". Wir gehen weiter über den Siphon, die tiefste trockene Stelle der Punkva-Höhlen, die früher häufig überflutet wurde. Heute wird der Wasserstand über eine Pumpe automatisch geregelt. Über eine lange Treppe erreichten wir den Reichenbach-Dom, einen mehrere Dutzend Meter hohen, mächtigen Raum. Die Schilder mit den Jahreszahlen 1917 und 1938 zeigen den höchsten Wasserstand der Punkva bei Hochwasser an. Aus dem Dom ragen einige hohe Kamine. Wir gingen weiter durch einen wunderschönen, verzierten Gang "Stalagmit-Gang" in den hinteren Dom. Hier sehen wir "Zwerg und Vase", zwei abgeflachte Stalagniten. Im hinteren Dom ziehen der "Türkische Friedhof" genannte Tropfsteingruppe sowie der lange Stalaktit "Nadel" die Aufmerksam auf sich. Wir gehen weiter die Treppe hinunter in den Saal "Zum Engel", einem mächtigen Stalagnat von einmaligen Formen. Nun läuft der Tunnelgang zurück zum Siphon durch einen künstlichen Stollen zum Grund der Macocha-Schlucht.
Ein atemberaubender Blick eröffnete sich uns auf monumentale 138,5 m hohe Felswände. Bewachsen auf der linken Seite mit hellgrünem Moos, sahen wir die Felswände hinauf in die Sonne. Wir sehen Tageslicht.
Am Grund der Schlucht sind zwei Seen. Der obere See ist etwa 13 Meter tief und der untere See hat nach den Erkundungen der Höhlentaucher aus dem Jahr 2000 eine Tiefe von 49 Meter.
Jetzt beginnt der nasse Weg. Von hier aus geht es mit dem Elektroboot auf dem aktiven Untergrundfluss Punkva weiter. Der Bootsführer erklärte uns die unterschiedlichen Wassertiefen. Er gab uns Anweisung, wenn wir unsere Köpfe einziehen und uns nach rechts oder links beugen mussten um uns vor den scharfen Felswänden zu schützen. Wir sehen beleuchtete Felsbrücken. Die Fahrt geht über die "Märchenseen"weiter bis zu der unterirdischen Anlegestelle.
Hier verlassen wir für kurze Zeit das Boot um auf Stahlbrücken zum "Bieber-Saal" und weiter in den "Masaryk-Dom" mit der eindruckvollsten Tropfsteinverzierung zu gehen. Dieser wurde bei Deckensprengung 1920 entdeckt und bis heute blieben hier viele Halme und stabförmige Stalaktiten erhalten, sie werden von dem mächtigem, durchleuchteten Stalgnat "Hus-Säule" dominiert.
Anschließend geht es wieder auf dem Boot weiter durch einen niedrigen, hier bereits mit Tageslicht durchleuchteten Gang, bis zum Austritt der Punkva zur Anlegestelle.
Es war ein einzigartiges Erlebnis für alle Naturliebhaber. Rückfahrt ins Hotel.
Am Spätnachmittag wurden wir zur Weinprobe in den historischen Schlossweinkeller in Straznice eingeladen.

Weiterer Programmpunkt an diesem Tag nach dem Abendessen im Hotel. Eine Kinder-Folklore-Gruppe mit Musik und Tanz. Mit ihrer jugendlich, erfrischenden Begeisterung brachte uns die Gruppe die Kultur Mährens näher. Der Tanz namens "Slavacky verbünk" ist ein männlicher improvisierter Tanz - eine Art Springtanz um für die Braut zu "werben". Im Rahmen des Internationalen Folklorefestivals in Straznice findet alljährlich der Wettbewerb um den besten Tänzer von "Slavacky verbünk" statt. Anschließend spielte eine Folklore- Orchestergruppe "Cimbalmusik".


Erholt starteten wir am 3. Tag zur Südmähren-Rundfahrt, die durch die UNESCO- Kultur-Landschaft von Lednice (Eisgrub) und Voltice (Felsberg) führt. Malerische Dörfer, ausgedehnte Weinberge und fruchtbare Obstgärten ziehen an uns vorbei. Unser Reiseleiter Tomas (Tomasch) klärt uns über Land und Leute auf. Es ist spannend, ihm zuzuhören und die Politik aus der Sichtweise eines 30-jährigen zu erfahren. Schönheit kennt kein Alter, kommt mir in den Sinn als wir das berühmte Mährische Schloss Lednice (Eisgrub) besuchten.
Das märchenhaft verzierte Schloss ist im Stil der Tudorgotik erbaut. Diese einmalige Gesamtheit von Parkanlagen, Teichen, Schlössern, romantischen Bauten, einem Minarett und Gewächshaus von der reichen Familie Lichtenstein aufgebaut wurde, ist wahrscheinlich das weitläufigste Gebiet seiner Art auf der Welt und wurde in die Liste des Weltkultur- und Naturerbe der UNESCO eingetragen. Nach der Schlossführung hatten wir noch etwas Zeit, den weitläufigen Park und die Blumenanlagen zu bewundern.
Unser Reiseleiter Tomas hatte für uns am Bus ein Picknick vorbereitet. Es gab Brot, Wurst, Gurken, Käse, verschiedene Weine aus der Region, auch Federweiser hatte er besorgt. Resüme: Eine entspannte fröhliche Gesellschaft ließ es sich schmecken.
Am Nachmittag Weiterfahrt zur Stadt Mikolow (Nikolsburg) die sich direkt an der Grenze zu Niederröstereich befindet und das berühmteste Zentrum des Tschechischen Weinbau darstellt. Tomas führte uns über den sehenswerten Marktplatz und weiter hinauf bis zur Schlossanlage mit weitem Blick ins Land.
Am Abend hatte Tomas für uns wieder einen Folklore-Abend organisiert, als Dankeschön für unser Kommen. Zwei Studentinnen vom Konservatorium unterhielten uns mit Gesang und Klavier.

Am 4. Tag besuchten wir den dank seiner Naturheilquellen berühmtesten Mährischen Kurort Luhacovice (Bad Luhatschowitz). Zuerst probierten wir die Mineralquellen, die zum Teil noch von den Kurgästen aus nostalgischen Porzellankännchen getrunken werden. Der Flair dieses hübschen Kurorts erinnerte manchen Teilnehmer aus dem Schwarzwald an Bad Wildbad, wir fühlten uns heimisch und wohl. Uns fallen die attraktiven Jugendstilbauten vom berühmten slowakischen Architekten Duian Jurkovio auf. Dieser "Holzdichter" schuf Anfang des 20. Jahrhunderts eine einzigartige Sammlung von Bauten im Stil der Volksrezession. Seine Bauwerke stören nicht die umliegende Natur, sondern werden deren Bestandteil. Mit jedem Schritt begegnet man einem Gefühl von Schönheit. Zurück fahren wir entlang der Weißen Karpaten durch das sogenannte Wisowitzer Bergland, auf dessen Hängen die Pflaumen für den berühmten Mährischen Slivowitz reifen. Zur Zeit sind die Pflaumenbäume voll mit blauen, reifen, süßen Früchten. Eine Pracht, die wir im vorbeifahren genießen können. Der letzte Programmpunkt an diesem Tag "Mährischer Abend" im Weinkeller in Petrov. Wir fahren mit dem Boot und Kapitänin auf dem berühmten technischen Baudenkmal dem Bata- Kanal. Durch eine romantische Aulandschaft von Straznice nach Petrov. Der Weinkeller befindet sich in einem einmaligen und architektonisch einzigartigen Komplex von historischen Weinkellern, die seit 1983 unter Denkmalschutz stehen. Zum Abendessen gab es verschiedene Fleischstücke aus dem Backofen, Brot und unbegrenzten Weinkonsum. Eine anschließende stilvolle Weinprobe mit dazu gereichtem Blechkuchen hob die Stimmung. Wir sangen mit dem Akkordeonspieler den Gefangenenchor aus Nabucco! Auswendig! Auch der Floh hüpfte nochmals den Kronenbuckel nah.
Ein unvergessener Abend, der uns lange in Erinnerung bleiben wird.

Am vorletzten Tag unserer Reise fuhren wir in die Mährische Metropole Brünn (Brno) zweitgrößte Stadt Tschechiens. Brünn ist die lebendige Schatzkammer der Architektur und wurde früher auch als Wiener Vorstadt genannt. Mit seinen fast vierhundertausend Einwohnern ist Brünn heute vor allem eine bedeutende Messestadt und das Justitzzentrum der Tschechischen Republick, sowie Studentenstadt. Die Stadt ist eingebetet in eine liebliche fruchtbare Landschaft mit Gärten und Feldern im Süden und bewaldete Höhen im Norden. Ihre Wahrzeichen sind die gotische Burg Spielberg (Spilberk) und die neugotische Kathedrale der Heiligen Peter und Paul, die wir mit unserer Stadtführerin besichtigten. Das Mittagessen war für uns in einer Bierbrauerei bestellt. Bier ist für die Tschechen flüßiges Brot. Gut gestärkt fahren wir am Nachmittag in die wunderschöne, seit 1998 UNESCO-Stadt Kremsier (Kromeriz), der Stadt der Gärten. Das prächtige frühbarocke Erzbischöfliche Schloss (wird z. Zt. renoviert) befindet sich inmitten eines bemerkenswerten Labyrinnths aus historischen Parkanlagen. Der Schlossgarten ist als ausgedehnter englicher Park konzipiert. Der Blumengarten besticht durch seine vollkommene Symetrie und die Raffiniertheit seiner Blumenbilder, Beete und Hecken. Von der Kollonade aus, die wir über eine Wendeltreppe erreichten und die unglaubliche 244 Meter lang ist, hatten wir einen herrlichen Blick auf den Blumengarten.

Wir legten in den sechs Tagen insgesamt 2600 Buskilometer zurück .
Auf der Rückfahrt in den Nordschwarzwald konnten wir die vergangenen Tage Revue passieren lassen und entspannt der CD mit Folklore-Cimbalmusik lauschen, während die Landschaft an uns vorbeiflog. Niederösterreich, das Wald und Weinviertel, die Wachau, Donau, eine liebliche Landschaft. Aus der Ferne winkten uns Windkraftanlagen. Eine Werbetafel am Autobahnrand wies uns auf "Brot und Wein" hin.
Die nächste Tafel meinte "Mehr aus Holz" und bei einer Kuhweide stand "Heumilch".
Weiter durch die Steiermark, Bad Reichenhall, Salzburg, München, Ulm, Stuttgart, Leonberg, zurück nach Höfen .